Mein Name ist Gerhard Agrinz, ich bin in Österreichischen Graz geboren und lebe seit nahezu 50 Jahren Hap-Ki-Do. Als neuer Autor freue ich mich bei diesem geschätzten Magazin tätig werden zu können. Ab dieser Ausgabe werde ich Sie über meine Tätigkeiten als „Stil-Repräsentant“ informieren und fachliche „System Kim Sou Bong“- spezifische Abhandlungen verfassen. In der nun vorliegenden Ausgabe des Hapkido magazins, möchte ich mich Ihnen kurz vorstellen.
Im Jahr 1971 begann ich mit dem Hapkido Training in Österreich und war persönlicher Meisterschüler von Großmeister Kim Sou Bong bis zu dessen Tod am 4. August 2011. Bereits im Januar 2011 wurde ich von Dojunim Kim Sou Bong persönlich, zu seinen offiziellen Nachfolger für dessen Lehrsystem ernannt und habe damit die uneingeschränkte technische Leitung des "HapKiDo Lehrsystem Kim Sou Bong" übertragen bekommen. Gleichzeitig hat Dojunim Kim Sou Bong mir die Rechte, für das von ihm entwickelte „TMR-Instruktionssystem“ und das von ihm gegründete "Europäische HapKiDo Bildungszentrum", dass die zentrale Ausbildungsstätte für HapKiDo Übungsleiter, Instruktoren und Lehrmeister darstellt, meiner Person, zur Weiterentwicklung- und Weiterführung übertragen. In den mittlerweile nahezu fünf Jahrzehnten des HapKiDo Studiums habe ich signifikante und richtungsweisende Beiträge zum "Lehrsystem Kim Sou Bong" geleistet. Mein Ziel ,als Präsident unserer Organisation „International HapKiDo Dan-Federation“, ist es, dieses spezielle Lehrsystem, sowie auch das „TMR-Instruktionssystem" der Mudo-Welt näher zu bringen und gemeinsam mit meinen HapKiDo Freunden weltweit zu etablieren. Die nachfolgende Vorstellung gilt dem Hap-Ki-Do System Kim Sou Bong
Systemorientierte
Entwicklungsgeschichte:
Das System Kim Sou Bong ist eines von mehreren Stilrichtungen, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelt haben. Dojunim Kim Sou Bong kam 1964 mit einer Handvoll koreanischer Männer nach Deutschland ins Ruhrgebiet. Unter ihnen befanden sich auch einige, die in Korea Kampfkunst, wie HapKiDo und Taekyon gelernt hatten und deren Bestreben es war, ihr Training hier weiterzuführen. Dies fand zu Beginn in den Kreisen ihrer Landsleute im Keller ihrer Unterkunft statt. Von diesen Übungsstunden erfuhren in Gesprächen auch einige deutsche Bergleute, die im Sportverein Judo betrieben. Diese deutschen Sportler, begannen jetzt, bei Dojunim Kim Sou Bong Unterricht zu nehmen; Anfangs in deren Unterkunft, später in geeigneteren Trainingsräumen.
Aufgrund der Härte und dem militärischen Trainingsstil hielt sich die Nachfrage an Schülern in Grenzen. Ebenso war die Ausfallquote aufgrund von Verletzungen hoch. Der aus Asien kommende HapkiDo Meister sah sich mit der europäischen Mentalität konfrontiert und musste erkennen, dass seine aus Asien gewohnte Unterrichtsmethode nicht kompatibel mit der europäischen Mentalität war. Diese Erkenntnis, war für Kim Sou Bong, der Beweggrund für eine “Neuorientierung” Also musste er eine neue Methode erfinden, die Rücksicht auf die physischen und psychischen Eigenschaften, insbesondere auf die Gesundheit nahm. Dies waren die auschlaggebenden Punkte, für die Entstehung einer neuen methodischen und didaktischen Vorgangsweise. Er führte partnerschaftliche Umgangsformen, die ein verletzungsfreies Training sicherten ein. Sogenannte “Kontrollübungen” förderten die Empathie, die Gesundheit und das Wohlergehen jedes Einzelnen.
Was die Techniken anbelangt, so unterrichtete Dojunim Kim Sou Bong, zu Beginn, eine eher traditionelle Form, wie er es gelernt hatte. Aber im Laufe der Zeit zeigte sich, dass viele Techniken in der Realität nicht anwendbar waren. Da wurde es notwendig, sich kritisch mit der Funktionalität auseinanderzusetzen. Selbstverteidigung, oder besser gesagt, “sich selber verteidigen“ zu können erfordert funktionierende Techniken und den absoluten Willen sich wehren zu wollen.Es galt also, brauchbare straßentaugliche Lösungen für reale Konfrontationen zu finden. Im HapKiDo System Kim Sou Bong, wird als „Technik“ der komplette Ablauf einer Konfrontation verstanden. Das heißt beginnend von der Ausgangssituation des Geistes, über die Bewegungsaktion, bis hin zur vollständigen Kontrolle und Sicherstellung. So entwickelte sich das HapKiDo Lehrsystem Kim Sou Bong zu einer realistischen, “waffenlosen Selbstverteidigung” und bietet die besten Möglichkeiten für eine erfolgreiche Gegenwehr. Das Repertoire an Techniken ist vielseitig und sehr effizient. Harmonisierung und Kraftausnutzung bilden das Fundament, auf Waffeneinsatz, Show und “Schnick/Schnack” wird verzichtet.
Unter diesen Prämissen kreierte Dojunim Kim Sou Bong, in den achtziger Jahren, seine neue Lehrmethode, das “Lehrsystem Kim Sou Bong”
Das Lehrsystem
Das Lehrsystem Kim Sou Bong wurde erstmals in seinen zweiten Buch, im Jahr 1989 publiziert.
Dieses unterteilt sich in drei Bildungsformen.
Die technische Form: Sie beinhaltet im Wesentlichen die Prüfungsordnung
Die moralische Form: Diese beinhaltet die seelisch geistige Schulung des Schülers
Die Realitätsform: Sie beinhaltet die Pflege, Bewertung und die Förderung der Techniken.
Dies bezieht sich einerseits auf die „Lehre“ selbst im Sinne der Entwicklung der Persönlichkeit und andererseits auf die Anwendungsmöglichkeit von realen, wirkungsvollen Selbstverteidigungstechniken.
Das Hauptaugenmerk ist stets auf die Gesundheit gerichtet, d.h. auf eine verletzungsfreie Ausbildung. Dies wird durch ein speziell entwickeltes Kommunikations-Kontrollsystem gesichert.
Das strukturierte Lehrsystem orientiert sich an der Individualität jedes einzelnen Schülers und verlangt vom Lehrmeister umfangreiches pädagogisches Wissen. So richtet sich das Aufbauprogramm ausschließlich an die Person selbst und an dessen Befindlichkeit und Fähigkeit. Der Schüler wird da abgeholt, wo er sich im Moment befindet. Es steht der Mensch im Vordergrund und nicht die Technik!
Die Schüler beschäftigen sich vorrangig mit dem Gegenüber und kommunizieren permanent miteinander und erfahren so den Sinn, den Zweck und die Zielsetzung der Übung oder auch der Technik. Durch die speziellen Übungselemente und –formen lernen die Schüler mit der Bewegung umzugehen, erkennen die Funktionen, erspüren die Schmerzgrenzen und lernen aufgrund ihrer eigenen Fähigkeiten, die Techniken nach den eigenen körperlichen Möglichkeiten umzusetzen.
Merkmale des
Lehrsystems:
Anpassungsfähige Trainingsmethoden für jedermann
Anwendung von Kontrollformen
Technische, moralische und realitätsbezogene Bildungsform
Anwendung der Selbstverteidigung nach kürzester Zeit möglich
Die Schaffung einer moralischen Grundlage für Vorbild und Persönlichkeit.
Sinn- und zielbewusste technische Lehrform durch die systematisch aufgebaute Prüfungsordnung
Individuelle Kombinations- und Variationsmöglichkeiten der Technik des Lehrsystems
Technische Korrektheit bei der Verwirklichung der Kontrollformen
Besondere Führungseigenschaften des Lehrmeisters
…
Fazit
Gegenüber traditionellen Stilrichtungen, wird im Hap Ki Do System Kim Sou Bong die „Anwendungsmethode“ und das Prinzip der Selbstverteidigung vermittelt werden, in der jeder individuell, seiner Charaktereigenschaft entsprechend, seine Persönlichkeit entwickelt und schützt. Dojunim Kim Sou Bong hat somit ein einzigartiges Lehrsystem geschaffen, dass die traditionellen Techniken bewahrt, jedoch die Methode, diese zu lernen und umzusetzen, der europäischen Mentalität und den realen Erfordernissen angepasste.
Es ist eine „HapKiDo-Selbstverteidigungsform“ auf Basis der Kampfkunstphilosophie mit all seinen Werten und Effektivität . Die moralische Umgangsform, der Respekt gegenüber dem Leben, bildet die Grundlage bei Anwendung der Selbstverteidigungsaktion und definiert somit die Grenze der Verteidigungshärte. Die HapKiDo Kampfkunst, darf nicht destruktiv missbraucht werden.
Für Dojunim Kim Sou Bong, war es immer wichtig und notwendig, dass Hap-Ki-Do als zeitgemäße und lebendige Kunst der Selbstverteidigung weiterentwickelt wird. Meine Zielsetzung als Systemnachfolger ist demnach darauf ausgerichtet, die Weiterentwicklung zu fördern, damit auch zukünftige Generationen, traditionelle, aber vor allem auch, authentische Selbstverteidigungstechniken, in einer Wertegemeinschaft erlernen können und viel Freude daran haben.
Ihr Gerhard Agrinz
Das Foto entstand im Juni 2010 am 10-jährigen Jubiläum des Center Zmugg im österreichischen Graz während Dojunim Ji Han Jae referierte. Im Hintergrund Kim Sou Bong mit Gerhard Agrinz