Die Werte des Budos beim Betrieb einer Kampfkunst- Kampfsportschule oder gar eines Vereins
In den letzten drei Artikeln ging es um Themen, die normalerweise jeden Schüler und/oder Trainer, jeden Lernenden oder Lehrenden unmittelbar betreffen und berühren.
Heute wollen wir ein Thema ansprechen, das mit dem Titel „Der Schwarzmarkt mit dem Schwarzgurt!“ beschrieben werden kann.
Gerade in den letzten Jahren drängen immer mehr Stilrichtungen der Kampfkünste/ -sportarten auf den Markt, die teilweise sehr fremd klingenden und manchmal sehr konstruiert erscheinende Namen haben. Hat man sich dann an den Namen herangetastet, drängen sich gleich die nächsten Fragen auf: Wie erfahre ich denn ob der Verein/ die Schule gut ist? Was für eine Kompetenz in der Ausübung der Kampfkunst steckt hinter dem Trainerpersonal? Wie sind die Trainingskonzepte gestaltet? Gibt es einen transparenten und überprüfbaren Qualitätsstandard, den der Interessierte bei seinen Entscheidungen zugrunde legen kann? Der im Bereich der Kampfkünste Unerfahrene ist hier aber regelmäßig überfordert und hat oft keine Möglichkeit eine wirklich geeignete Auswahl zu treffen. Bis heute wurden in dem Zusammenhang nur wenige Abhandlungen über allgemeine und objektive Qualitätsstandards geschrieben und wenn, dann handelt es sich dabei meistens um eine rein sportliche Betrachtung, bei der Turniere, Treppchen-Plätze, Medaillen, Pokale das Thema sind.
Hinzu kommen erschwerend sogenannte Intensivkurse einzelner Organisationen, deren „Qualitätsstandards“ dann in Frage zu stellen sind, wenn sie versuchen, beeindruckende Kampfkünste innerhalb weniger Stunden weiterzugeben. Dabei kann die Kampfkunst jedoch nur in ihrer einfachsten Form gelehrt werden, denn die Übenden sollen sich die Techniken möglichst schnell aneignen und können so naturgemäß nicht einmal oder kaum ahnen, was sie in der Tiefe aussagen oder bedeuten. Es passt dann in das Negativbild, wenn solche Institutionen z.B. nach relativ kurzer Zeit oder nach wenigen Jahren einen Schwarzgurt verleihen, der die wahren Anforderungen an einen Kampfkunstmeister nicht erfüllt, aber zahlungskräftige Kunden anlockt, die am kurzfristigen äußeren (Gürtel-)„Erfolg“ Interesse haben. Solche Entwicklungen sind wohl auch eine Folge einer manchmal überzogenen Kommerzialisierung der Kampfkünste und -sportarten. Anbieter, die aus finanziellem Eigennutz Falsches versprechen und Schwarzgurte vorschnell und auf schwacher Basis verleihen, schaden den vielen seriösen kommerziellen und nichtkommerziellen Kampfsport- und Kampfkunstschulen. Dort werden in der ganz großen Mehrheit mit Idealismus die Werte des Budos hochgehalten und Schwarzgurte nur bei entsprechendem Ausbildungsstand und „Reifegrad“ verliehen. Dies macht den Unterschied. Es ist deshalb besonders zu begrüßen, dass einzelne Gerichte die Werte und Standards des Budos hochhalten. Der nachfolgende „Schwarzgurtfall“ des OLG Hamm ist dafür ein sehr anschauliches und positives Beispiel. Gleichzeitig gibt er einen Einblick in die aufgezeigte Problematik.
Kampfsportschulen
und der Ehrenkodex
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt darf sich eine Schule für waffenlose Selbstverteidigung dann nicht als „Fachschule“ bezeichnen, wenn sie nicht die vom zuständigen Fachverband (hier: Deutscher Judobund) anerkannten Grade und „Gürtel“ verleihen kann. Dies soll selbst dann gelten, wenn die Ausbildungsqualität in dieser selbsternannten „Fachschule“ die gleichen Qualitätsstandards erreicht wie diejenigen in den üblichen Judo- und Karateschulen, die zur „Gürtelverleihung“ berechtigt sind (OLG Frankfurt, OLGZ 1976,98). In einem Fall des Oberlandesgerichts Hamm ging es um einen Schwarzgurt. Das Gericht hat einen Vereinsausschluss eines Kampfsportlers aus einem Verein, in dem das klassische Judo und Tae Kwon Jitsu trainiert wird, bestätigt. Der Verein wollte eine merkwürdige Schwarzgurtverleihung an sein Mitglied nicht akzeptieren (OLG Hamm NJW-RR 2001,1480).
Ein Verein hat aus wichtigem Grund immer ein Recht zum Ausschluss von Vereinsmitgliedern. In der Person oder in dem Verhalten des Mitglieds liegende Gründe müssen dem Verein die Fortsetzung der Mitgliedschaft unzumutbar machen. Ein Vereinsausschluss ist gerichtlich überprüfbar, wobei die Gerichte wegen der grundsätzlich anzuerkennenden Freiheit des Vereins, die eigenen Dinge zu regeln, nur einen beschränkten Prüfungsumfang haben. Der Kläger in dem Verfahren des Oberlandesgerichts Hamm hatte aus Sicht des Vereins den Ehrenkodex des Budosports in erheblichem Maße verletzt. Ohne zuvor Dan-Träger im „Tae Kwon Jitsu“ zu sein, hatte er gleich den 6. Dan-Grad im Tae Kwon Jitsu von einem nur aus 30 Mitgliedern bestehenden israelischen Verband angenommen. Dieser Grad war ihm – so die Behauptung des gegen seinen Vereinsausschluss klagenden Kampfsportlers - ehrenhalber verliehen worden. Er habe sich schließlich um die Verbandsstruktur des „Tae Kwon Jitsu“ besonders verdient gemacht. Er sei Vorsitzender der „Deutschen Tae Kwon Jitsu Union“. Der Kläger hatte im Judo den 2. Dan, im Jin Jitsu den 1. Dan und im Tae Kwon Jitsu allerdings zuvor nur den 1. Kup (Schülergrad). Sein Verein meinte, dass er durch sein Verhalten vereinsschädigend gehandelt habe und das Ansehen der Budo-Dan-Träger und den gesamten Budo-Stand herabgewürdigt habe. Das Gericht teilte diese Auffassung. Es hat sich – sachverständig beraten - grundlegend und überzeugend wie folgt zum Ehrenkodex im Budosport geäußert (OLG Hamm NJW-RR 2001,1480):
„Der Ehrenkodex beinhaltet u.a., sich bei Vergabe von Dan-Graden und sonstigen Titeln an den angegebenen Richtlinien zu orientieren. Die Verleihung von Dan-Graden ist unmittelbar mit dem Vereinszweck verbunden. Ein Titel bzw. ein Dan-Grad symbolisiert die Fähigkeiten und lassen eine entsprechende Substanz und Kenntnis des Trägers vermuten. Die Budosportarten bezwecken, bestimmte Techniken und sportliche Fertigkeiten bei den Mitgliedern einzuüben. Die Dan-Grade lassen erkennen, wie weit der jeweilige Träger diesem Ziel und damit auch dem Vereinszweck nahe gekommen sind. Die Ehrungen haben auch für die anderen, vor allem die jüngeren Mitglieder Vorbildfunktion ... Das Verhalten des Klägers konnte unter Zugrundelegung des Vereinszwecks vom Beklagten als wichtiger Ausschluss angesehen werden... Der Kläger war vor der Verleihung des 6. Dans im Tae Kwon Jitsu nur Träger des 1.Kup Tae Kwon Jitsu (Schülergrad), des 2.Dan im Judo und des 1.Dan in Jin Jitsu. Er war im Tae Kwon Jitsu noch Schüler des Trainers C2. Aufgrund der Verleihung des 6. Dans hat der Kläger fünf Dan-Grade übersprungen und damit letztendlich die sonst übliche Vorbereitungszeit von über 20 Jahren eingespart. Er ist vom Schüler des Trainers C2 zu einem hohen Ehrenträger geworden. Mit dem 6. Dan verbindet sich eine erhebliche sportliche und fachliche Kompetenz, die dem Kläger nach deutschen Maßstäben schon aufgrund der zeitlichen Verhältnisse nicht zukommen kann.“
Die Klage des vom Verein ausgeschlossenen „Tae Kwon Jitsu Danträgers“, der um seinen Verbleib im Verein und um seine Ehre kämpfte, wurde wegen vereinsschädigenden und dem gesamten Budosport schadenden Verhaltens abgewiesen. Das Gericht hat in seiner Entscheidung dem Ehrenkodex des Budo den ihm zukommenden Stellenwert zugebilligt. Es liegt an uns allen, innerhalb unseres jeweiligen Einflussbereiches unseren Beitrag dazu zu liefern, dass diese Standards eingehalten werden.
Haftung von Kampfkunstschülern und Haftung bei Kampfkunst-demonstrationen - Teil 3 (yido.eu)
YIDO mindset 2024-02: Die Sportgesundheit beim Kampfsport