Das chinesische Schriftzeichen „I“ oder „Yi“ (links) bedeutet „Wandlungen“ und zeigt oben die lebensspendende Sonne, dargestellt durch ein Rechteck mit einem Mittelstrich und direkt darunter den von ihr angestrahlten, zunehmenden oder abnehmenden Mond. Wir betrachten im Buch der Wandlungen somit den Wandel von Sonne und Mond und die damit verbundenen Auswirkungen auf unsere Erde und dessen Bewohner. Wenn wir damals wie heute das Jahrtausende alte Weisheitsbuch zur Hand nehmen und es um Rat fragen, übergeben wir unser Anliegen dem allumfassenden DAO und können auf eine weise Antwort hoffen, die unserer Situation angemessen ist.
Das Buch der Wandlungen begleitet die Menschen bereits seit nunmehr fünf Jahrtausenden. Was aber ist so faszinierend an einem Buch, das im Wesentlichen aus unterbrochenen und ganzen Linien besteht, dass es selbst nach dieser langen Zeit noch immer seine Wertigkeit behielt? Den Europäern wurde das Buch der Wandlungen unter den Namen IGING, IIKING,CHING oder YIJING bekannt. Manchmal treffen wir es auch unter dem Namen Zhou I, „die Wandlungen der Zhou“, an. Dies liegt daran, dass der letzte Yin-König Zhouxin (1154-1122 v. Chr.) den Zhou-Herzog zwei Jahre lang einsperren lies. König Wen Wang studierte während seiner Gefangenschaft intensiv das IGING des Fu Xi, das bis dahin lediglich aus seinen Urzeichen den Trigrammen bestand. Er ordnete die Trigramme in einer neuen Reihenfolge an, die dem Werden und dem Vergehen des Lebens entsprachen (siehe Anordnung auf der abgebildeten Medaille) Die textliche Ausarbeitung erfuhr das IGING somit in der Zeit der Zhou Dynastie, insbesondere während der Zeit der sogenannten streitenden Reiche. Die 384 Linienkommentare der Hexagramme, des IGING gehen auf König Wen Wangs Sohn, dem Herzog von Zhou zurück. Die textliche Ausarbeitung des IGING ist somit geprägt, durch die zeitgeschichtlichen Probleme und deren Lösungen. Der legendäre Laotze soll im Zhou Zeitalter ebenso wie Konfuzius (551-479 v. Chr.) gelebt und gewirkt und entweder selbst oder durch seine engsten Schüler nachhaltigen Einfluss auf die textliche Ausarbeitung des IGING genommen haben.Bei uns wurde die Kaiserliche IGING Ausgabe durch die Übersetzung von Richard Wilhelm mit einer ersten Druckauflage von nur 3000 Stück bekannt. Seit dieser Zeit entstanden in der Folge unzählige Ausgaben des IGING, der unterschiedlichsten Richtungen. Manche Autoren hielten sich peinlich genau an den chinesischen Urtext und mussten erkennen, dass die Interpretationsmöglichkeiten mannigfaltig waren und stark vom eigenen Bewusstsein und dem eigenen Glauben abhingen. Möglicherweise mag dies der Grund sein, warum andere Autoren den Text des IGING kurzum neu definierten und es für eigene Zwecke völlig entarteten. Wieder Andere nahmen die Inhalte des IGING derart ernst, dass sie ihre wissenschaftlichen Studien damit vorantrieben. Interessanterweise wurden zwei dieser Wissenschaftler mit dem Nobel Preis in Physik ausgezeichnet. Immer dann, wenn sie mit ihren wissenschaftlichen Studien nicht voran kamen, befragten sie kurzerhand das IGING und bekamen eine Antwort geliefert, die ihnen half die bestehenden Probleme von einer völlig anderen Warte zu betrachten. Sie bauten neue Versuchsanordnungen auf, die zuletzt den gewünschten Erfolg brachten. Immer wieder war es der große Nutzen, den das IGING für die Menschen hatte, dass es bis heute alle Zeiten überdauerte. Das IGING war eines von fünf nützlichen Büchern, die nicht zum Opfer der großen Bücherverbrennung im Jahre 213 v. Chr. durch Li Si, dem Kanzler des ersten erhabenen chinesischen Großkaisers Qin Shinhuangdi geworden sind. Alle anderen, für das neue Kaiserreich nicht nützlichen Schriften wurden einst oftmals mitsamt ihren Autoren und Anhängern verbrannt. In der Folge gab es nur Bücher, die dem neuen, geeinigten China von Nutzen waren. Die bekanntesten fünf Klassiker darunter waren:
Yijing „Buch der Wandlungen“
Shijing „Buch der Lieder“
Shujing „Buch der Urkunden“
Liji „Buch der Riten“
Chungqiu „Frühlings- und Herbstannalen
Ursprünglich gab es mindestens drei verschiedene Fassungen des IGING, die zusammen das Tai Pu „Das große Orakel“ bildeten. Die von Richard Wilhelm übersetzte kaiserliche Fassung geht auf das siebte Jahrhundert nach Chr. zurück. 1973 wurde jedoch eine weit ältere Fassung, die auf das Jahr 162 vor Chr. datiert und als Mawangdui Yijing bekannt wurde, als Grabbeigabe gefunden. Diese Mawangdui Ausgabe auf Seide ist somit fast 1000 Jahre älter als die uns vorliegende. Bei der Gegenüberstellung beider Texte kann man feststellen, dass abermals eine andere Reihenfolge der Hexagramme und Bilder, sowie marginale Abweichungen in den Linienkommentaren festzustellen sind. Interessierte können die genauen Unterschiede zwischen der Kaiserlichen Ausgabe und dem Mawangdui Yijing in der vom Diederichs Verlag erschienenen „Gelben Reihe“ nachlesen.
Orakeln mit dem I Ging Weisheitsbuch
Meinen ersten Kontakt mit dem IGING erhielt ich durch die 1985 in der fünften Auflage erschinene Fassung von Dr. Josef Murphy, mit dem Titel: „Das IGING-Orakel Ihres Unterbewusstseins“. Der bereits 1981 verstorbene Autor hatte mich bereits zuvor mit seinem Buch: „Die Macht Ihres Unterbewusstseins“ derart fasziniert, dass ich auch dieses Buch regelrecht verschlang. Auch wenn die von Murphy interpretierten Texte zu den Bildern des IGING mit Angaben zu Psalmen aus der Bibel versehen waren und mich als religionsneutralem Leser immer etwas irritierten, konnte ich jedoch für mich feststellen, dass meine Fragen an das „Orakelbuch“ regelmäßig mit zutreffenden Antworten versehen waren. Das IGING funktionierte auf eine Weise, die ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verstand. Ich beschloss daher nach weiterem Material zum IGING zu forschen und wie Du Dir vorstellen kannst, wurde ich schnell fündig. Zu einer Zeit, da man mit „E-Kauf“ für meistens nur einen Euro, die tollsten „Speicherfunde“ erwerben konnte, gelang es mir wohl alle im deutschen und englischen Markt erschienenen Veröffentlichungen zu erwerben. Einmal sogar hatte ich das Glück Richard Wilhelms Erstausgabe der drei Bücher des IGING in zwei Bänden aus dem Jahr 1924 für wenig Geld zu ersteigern. Auch wenn ich diese Ausgabe wie meinen Augapfel hüte, wurde mir beim Studium dieser Büchervielfalt klar, dass ich dem Kern des IGING noch immer nicht auf der Spur war und ich durch die reine Lektüre des IGING wohl keinen Schritt weiter kommen würde. Ich benutzte somit das IGING, wie viele Menschen in China und im Rest der Welt hauptsächlich für die wichtigen Fragen des Lebens und war jedesmal wieder aufs Neue erstaunt wie hilfreich das Buch der Wandlungen für meine jeweilige Lebenssituation Auskunft gab. Als Kampfkunstlehrer mit Schwerpunkt Hapkido, Taekwondo und Kickboxen in der eigenen Schule, die ich natürlich Yi-Jing-Do Kampfkunst Akademie nannte, beschäftigte ich mich zwangsläufig auch mit den koreanischen Poomsae, insbesondere mit den Taeguk Schülerformen, deren Grundmuster die acht Urzeichen des IGING darstellen.