Neun Jahre lang soll der indische Mönch Da Mo (Bodhidharma um ca. 500 n. Chr.) in einer Höhle mit Blick auf eine Wand sitzend und meditierend verbracht haben. Die Legende berichtet, dass er einst im daoistisch geprägten Shaolinkloster, unweit von seiner Höhle im chinesischen Henan, die dort lebenden Mönche in seinen Meditationspraktiken unterwies. Er soll sie darüber hinaus körperertüchtigende Bewegungen gelehrt haben. Man sagt ihm nach, dass er eine Qigong Variante, das so genannte Yi Jin Jing (Methode zur Wandlung von Muskeln und Sehnen) entwickelt hat, die helfen sollte, das körperliche Befinden der Übenden erheblich zu verbessern. Die Shaolin-Mönche sollen diese Bewegungen als Grundlage für ihre später entwickelten Kampfkünste verwendet haben, die man noch heute bewundern kann. Einige dieser alten Übungen wurden als Zeichnungen, andere von Generation zu Generation überliefert. Die einstige Ausführung kann heute jedoch nur noch erahnt werden. Ich werde Ihnen einige dieser uralten Körpermeditationsübungen in meiner Interpretation der alten Überlieferungen weitergeben. Je nach Unterricht fließen diese Übungen in meine Trainings mit ein und haben sich zur Verbesserung der mentalen wie körperlichen Fitness bestens bewährt.
Die Balance finden durch Knie und Sprunggelenk kreisen
Eine gute Gleichgewichtsübung, die bestens geeignet ist Knie und Sprunggelenke zu lockern zeige ich Dir nachfolgend auf einem Holzbalken. Zuhause kann man diese Übung bestens auf Besenstielen aus Holz durchführen. Lege dazu ein entsprechendes Rundholz vor Dich auf den Boden und besteige es am hinteren Ende mit dem linken Bein. Spanne Deine Bauchmuskeln an und atme während Du Deine Handflächen seitlich vom Körper abspreizt entspannt weiter. Fixiere mit Deinen Augen ein paar Meter vor Dir einen Punkt am Boden, den Du kurz darauf unscharf werden lässt. Atme bewußt ruhig und finde Deine Mitte während Du Dein rechtes Bein auf Kniehöhe anziehst. Sobald Du einen ruhigen Stand ohne Wackeln erreicht hast, beginne unterhalb Deines angehobenen Knies mit dem Unterschenkel und dem Sprunggelenk zu kreisen. Führe je Bewegungsrichtung wenigstens jeweils zwanzig Drehungen nach links und nach rechts aus. Setze dann balancierend ein Bein vor das Andere bis Du das Ende Deines Holzstabes erreicht hast und führe am Ende auch die Übung durch drehen des linken Beines in beide Richtungen aus. Laufe ruhig ohne den Stock zu verlassen rückwärts an den Anfang zurück.
Die Balance finden durch Strecken von Bein mit Gelenkdrehen
Bringe wie bei der zuvor beschriebenen Übung Deinen Körper auf einem Balken oder Stock in Position. Schiebe Deine Hände nach außen und hebe Dein Knie mindestens bis in Hüfthöhe. Sobald Du einen sicheren wackelfreien Stand erreicht hast, beginne Dein Bein nach vorne auszustrecken. Du wirst feststellen, dass Du bei regelmäßigem Üben das Halten des Beines länger und höher ausführen kannst. Versuche Anfangs das Bein wenigstens zehn Sekunden zu halten und winkle es dann in Hüfthöhe wieder ab. Entspanne Dich und strecke Dein Bein dann erneut aus. Führe diesen Wechsel mehrmals aus und beginne dann Dein Becken derart nach außen zu drehen, dass Deine Zehen zur Seite zeigen. Nach weiteren zehn Sekunden neige Deine Zehen nach Innen und verweile auch in dieser Haltung eine Weile. Drehe nun mehrmals Deine Hüfte nach links und rechts und schließe die Übung mit einem Pferdetritt nach hinten ab. Wechsle im Anschluss auf Dein anderes Bein und wiederhole die gesamte Übung auch auf dieser Seite. Wenn Du mit Kindern übst, kannst Du ihnen leichte Rechenaufgaben während der Übungen lösen lassen; Addition beim vorwärtsbalancieren, Subtraktion beim Rückwärts balancieren. Dies verbessert nicht nur die Balance, es aktiviert auch die Gehirnhälfte für rationales Denken.
Wucherndes Unkraut mit der Wurzel ausreißen!
Unkraut in unserem Garten und auch in unserem Körper kann vor Allem dann schnell und hartnäckig gedeihen, wenn eine regelmäßige intensive Pflege ausbleibt. Mit der nachfolgenden Qigong Variante kannst Du unerwünschten Krankheitsbildern vorbeugen und erreichst mit den tiefen Bewegungen, die einer liegenden Acht gleichen, dass Herz und Kreislauf in Schwung kommen. Dabei steigerst Du die Beweglichkeit Deines Rückens und dehnst gleich-zeitig Deine hintere Oberschenkelmuskulatur. Auch Deine vordere Oberschenkelmuskulatur wird gestärkt, ohne jedoch Deine Knie zu stark zu belasten. Besonders ältere Menschen mit Kniebeschwerden können relativ schnell eine Verbesserung feststellen. Während Du bei der Ausführung der Technik am Boden (Bild 2-6 und Bild 10-13) einatmest, solltest Du beim „Unkraut jäten“ (Bild 7-9 und Bild 1) ausatmen. Je Seite 16 Mal ausführen!
Sich mit Himmel
und Erde verbinden
Zwischen Himmel und Erde lebt der Mensch! Meine Übungen helfen eine Verbindung zwischen dem Unfassbaren und dem Fassbaren herzustellen und somit unserer Ki zu stärken!
Finde Deine Mitte in dem Du Dich in eine gebeugte Stellung begibst. Bringe Deine beiden Arme wie eine Schalungsstütze aus dem Bau zwischen Boden und Decke und beginne diese im Geiste auseinander zu halten während Du einatmest. Dann halte den Atem für wenige Sekunden an um dann die Übung auf der anderen Seite zu wiederholen, während Du ausatmest. Fühle die universelle Verbindung und sammele Dein Ki. (Ki bedeutet Lebenskraft)
Den Fächer nach beiden Seiten öffnen
Drehe Dich aus einer breit stehenden Grundhaltung (Bild 1) zuerst zur linken Seite auf und bringe nachfolgend Deinen rechten Arm nach oben. Deinen linken Arm drücke gleichzeitig nach hinten unten (Bild 2). Bei maximaler entgegengesetzter Dehnung in den Armen verharre für ein paar Sekunden wie ein komplett aufgespannter Fächer (Bild 3). Lasse anschließend Deine Arme wieder locker zur Körpermitte gleiten, während Du Dich in die anfangs eingenommene Grundhaltung zurück drehst (Bild 4). Führe dann die eben nach links ausgeführte Übung auch nach rechts aus (Bild 5-6) und kehre wieder in die Grundhaltung zurück. Mehrmals wiederholen!
Mit Himmel und Erde eins werden
Zum Ende jeder dieser Übungen empfehle ich mit Himmel und Erde eins zu werden. Atme, während Du Deine Arme über Kreuz vor Deinem Körper nach oben bringst tief ein und atme bei sinkenden Armen aus, bis Du wieder in Deiner Grundhaltung stehst. Diese Übungen können auch in schneller Folge ausgeführt werden. (Bildfolge 1-8 unterhalb)
Erstveröffentlichung 2010-2011 Artikelserie von Uwe Wischhöfer
in der TAEKWONDO AKTUELL Park Verlags GmbH Stuttgart
Neu überarbeitet für YIDO mindset