Das Wörtchen „Do“ begegnet uns in vielen traditionellen Kampfkünsten, wie dem koreanischen Taekwondo, dem Hapkido oder auch dem Kumdo (Schwertweg). Es ist aber auch in den Japanischen Stilen wie dem Judo, dem Aikido und dem Kendo, um nur einige zu nennen, anzutreffen. So verschieden diese Künste auch sein mögen, sie beinhalten allesamt in ihrem Namen das Wörtchen Do und meinen letztlich alle das Gleiche. Liest man zum Beispiel Hapkido oder Aikido in chinesischer Schrift, so kann man ohne weitere Informationen keinen Unterschied in der Schreibweise und somit keine Unterscheidung erkennen. Da die ursprünglich chinesischen Schriftzeichen, der heute gesprochenen Sprache, auf die von der Sprache unabhängigen chinesischen Piktogramme verweisen, ist es selbst ohne auch nur ein einziges Wort Chinesisch, Koreanisch oder Japanisch sprechen zu können möglich, an Hand der Form des Schriftzeichens, den dahinter verborgenen Sinn zu erkennen. Einige dieser chinesischen Zeichen erkennen heute die meisten Europäer auf Anhieb, da sie sich als populär gewordene Tätowierungen, Zeichnungen, oder auch als importierter Schmuck, zum Beispiel in Form von Ohrsteckern in unseren Alltag integrierten. Seit über zwei Generationen trainieren viele Europäer neben dem westlichen Boxen, Fechten und Ringen inzwischen vor allem auch asiatische Kampfsport- oder Kampfkunstarten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass uns das chinesische Schriftzeichen „DAO“ respektive „TAO“ das dem koreanischen „Do“ entspricht, vertraut geworden ist. Doch so sehr ich mich auch anstrengen mag dieses Dao, Tao und damit das Do der Kampfkünste zu erklären, steht bereits jetzt fest, dass ich scheitern werde. Das Dumme ist nämlich, dass sobald man den Kampf aufnimmt und es dennoch versucht, das Dao korrekt zu benennen, man bereits den Kampf verloren hat. Laotses Dao-De-Jing mit seinen 81 Kapiteln ist nach dem Buch der Wandlungen eines der bekanntesten Bücher Chinas, das vor etwa zweieinhalb Jahrtausenden auf die alte Lehre vom Dao verweist. Bereits im ersten Kapitel macht der Verfasser dieses Werkes klar, dass man das DAO weder mit Gedanken noch mit Worten erfassen kann.
Wege zum Dao
Wenn das Dao nicht zu benennen ist, so dass sich der wahre Sinn erschließt, wie sollte man es dann jemals verstehen oder sich daran annähern können? Diese Frage beschäftigte mich und vermutlich alle, die sich erstmals mit dem Dao ernsthaft auseinander setzen wollen. Irgendwann erreicht man schließlich einen Punkt, an dem man aufgibt es zu versuchen. Man läßt sein Vorhaben los und siehe da, schon hat man den ersten wahrhaftigen Schritt zum Verständnis zum Dao getan! Gefällt Dir meine Aufnahme oben auf der linken Seite? In weiter Ferne ist dort ein karger Baum zu erkennen. Wäre dies der Baum der Erkenntnis zum Dao und wollten wir ihn erreichen, müssten wir das vom Bauern bereits abgeerntete Ackerland durchschreiten. Vielleicht erkennst Du wie ich, in den Traktorspuren des Bauern, den linken, unteren Teil des chinesischen Schriftzeichens für Dao, wie Du es auch als Steingravur abgebildet finden kannst. Dort, wo der weit entfernte karge Baum am Horizont den wolkenbehangenen Himmel berührt, beschriften meine Gedanken diese Wolken mit vielen Fragen. Werde ich den Baum je erreichen? Wenn ich ihn erreiche, ändert das irgendetwas an meiner Situation? Wie weit entfernt von dort wo ich jetzt stehe, werde ich dann sein? Wenn ich dort bin, was werde ich erkennen? In dem schroffen von der Sonne ausgebrannten Stoppelfeld werde ich wohl kaum Spuren hinterlassen. Der Weg dorthin geht steil bergauf. Sollte ich mich auf den mühsamen Weg machen? Du kannst sicher sein, wenn ich dorthin gelaufen wäre, hätte sich für mich außer vielleicht eine neue Perspektive nichts geändert. Ich entschloss mich daher lediglich ein Foto zu erstellen, um die Atmosphäre dieser Stimmung einzufangen. Es roch nach vertrockneter Erde und verbranntem Stroh. Ein leiser aber warmer Wind trieb mir trotz des Wolken verhangenen Himmels die Schweißtropfen auf die Stirn. Ich dachte darüber nach, was der Bauer wohl angesät und vor kurzem abgeerntet hatte. Werde ich vielleicht einst die Früchte seiner Ernte, die uns ernähren auf meinem Frühstückstisch wiederfinden? Ich konzentrierte meinen Geist auf das Hier und Jetzt dieser mir angebotenen Szene und erkenne nun meine Dankbarkeit. Das Ziel zu dem Baum dort oben zu gehen hatte ich längst aufgegeben als ich auf den Auslöser meiner Kamera gedrückt hatte. Ich wusste, dieses Bild wird mir helfen hier über das Dao zu schreiben. All meine heutigen Gedanken beruhen auf meinen persönlichen Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit erleben durfte. Meine Erinnerungen an die bäuerliche Landarbeit, oder die Bilder aus einem Buch, meines einstigen Religionsunterrichts zum Baum der Erkenntnis und die damit verbundene Geschichte von Adam und Eva, die von diesem Baum einen Apfel pflückte und Adam damit verführte; Die Bilder von gebackenem Brot, das aus dem geernteten Getreide der Bauern gewonnen wurde und Vieles mehr, sind die Gedanken auf die ich zurückgreife, um Dir im Aufsatz das Dao näherzubringen. Doch es sind meine Erfahrungen, meine Gedanken und damit die Komposition meines mit der Zeit angewachsenen Egos, das nun versucht das Dao für Dich greifbar zu machen. Ob Du die Früchte meiner Erfahrungen als Apfel der Verführung annehmen wirst oder nicht, lässt Dich dennoch den Geschmack des Daos nicht erleben, da ich nur ein Dao meiner erlebten oder gedachten Vergangenheit vermitteln kann. Doch das wahre Dao existiert im Jetzt! Warum führe ich Dich jedoch mit meinen Gedankenmalereien in die Irre, da gewiss ist, dass ich Dir das wahre Dao nicht mit Worten beschreiben kann? Nun, das Dao lässt sich zwar nicht mit Worten oder Gedanken erfassen, dennoch ist es möglich in das Dao einzudringen und die tiefe darin verborgene Weisheit zu erfahren.
Wu-Wei
Es gibt seit alters her eine Möglichkeit mit dem Dao in Kontakt zu treten. Dazu sollte man seinen Geist freimachen von Dingen, die man erreichen möchte oder die sich belastend auswirken. Findet man erstrebenswerte Ziele, für die man zu kämpfen bereit ist, sollte man nun das Kämpfen aufgeben! Wer sich das „Loslassen“ und das „Nicht Handeln“ zu eigen macht und somit dem Charakter des Wu-Wei gleich wird, bekommt es unweigerlich mit der unbeschreiblichen Kraft im Dao zu tun. Wir Menschen wollen mit unserem vermeintlichen Wissen und unserer begrenzten Intelligenz glauben, die Geschicke der Welt leiten zu können. Wenn wir jedoch erkennen, wie hilflos und unwissend wir tatsächlich sind und uns darauf einlassen, uns fallen zu lassen, um unser bewusstes Wollen aufzugeben, werden wir die Chance erhalten, mit dem Dao in Kontakt zu treten. Das Handwerkszeug um Zugang zum Dao zu erhalten, habe ich in vielen Jahren des Beobachtens des jeweiligen Charakters der 64 Bilder des Buches der Wandlungen intensiv studiert und am eigenen Leib erfahren können. Für mich als Kampfkünstler bedeutete diese Erfahrung im Kampf nicht mehr Kämpfen zu müssen! Wie soll das gehen? Nun man bewegt sich mit aufmerksamen Bewusstsein im Hier und Jetzt! Seine erlernte Technik muss man vergessen, nur dann ist man bereit, für das was kommt, genau in dem Augenblick, da es kommt. Intuitiv beginnt das Dao zu wirken und durch meinen Körper zu Handeln. Es geschieht dabei wie von selbst, ohne dass ich mich anstrengen müsste. Jeder erfahrene Kämpfer der von Angesicht zu Angesicht im Ring stand, kennt das Gefühl im „Flow“, im Fluss mit dem Ganzen zu sein und intuitiv das Geschehen vorhersehend automatisch richtig zu behandeln. Gönne Dir dieses überwältigende Erlebnis in den Flow zu kommen und lese in der Fortsetzung, wie Dir das IGING als Werkzeug dabei helfen kann, Zugang zu dieser allumfassenden Intelligenz zu erhalten. Lerne in Flussrichtung mit dem Dao zu leben und im Hier und Jetzt bewusst zu sein. (uw)
Autor Uwe Wischhöfer
5. Dan Hapkido (KHCA) 2. Dan Hapkido (DoAm)
5. Dan Taekwondo (WT) 1. Dan TK-D Seo-Yoon-Nam
NLP-Master (DVNLP / IN) + IGING Experte