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Dies wurde auch von einem Landgericht für ein   hof hat sich mit solchen Fragen beschäftigt. Er   um Aufnahme bitten. So kann man sich recht-
 Fitnessstudio entschieden (LG Erfurt, Urt. v.   verlangt beispielsweise, dass man dann, wenn   lich absichern. Manchmal werden in der Sport-
 1.2.2006, 3 O 1890/05). Das Urteil ist ohne   man als Sportler bei einem Training in schlech-  praxis relativ einfache und kurze Erklärungen
 weiteres auf die asiatischen Kampfkünste und   ter körperlicher Verfassung ist, den Trainer in-  wie die Folgende verwendet: „Ich erkläre hier-
 Kampfsport zu übertragen. In dem Fall war im   formiert und bei gefährlichen Übungen von ei-  mit, dass keine gesundheitlichen Hindernisse
 Vertragsformular ausdrücklich danach gefragt   ner Trainingsteilnahme absieht (BGH, Versiche-  der Ausübung der Kampfkunst XY entgegenste-
 worden, ob der künftige Studionutzer „sportge-  rungsrecht 1982, 348 und 1984, 286). Die   hen.“ Dies erscheint nicht ausreichend. Man
 sund“ ist. Außerdem wurde in dem Vertrags-  Richter entschieden, dass man in solchen Fäl-  sollte z.B. in die Erklärungen aufnehmen, dass
 text darauf hingewiesen, dass man als Studio-  len vom Sportler erwarten könne, dass er mit   auch bei Übungsstunden die Schüler den Leh-
 nutzer dann, wenn dies nicht der Fall ist, einen   dem Eingeständnis die „Hemmschwelle sportli-  rer vor Trainingsaufnahme ungefragt auf aktu-
 Arzt zu Rate ziehen soll. Die spätere Klägerin   chen Ehrgeizes überwindet“. Schließlich könne   elle gesundheitliche Probleme und Einschrän-
 hatte eingangs der Aufnahme des Trainings an   ein Trainer – so betont das Gericht- ohne   kungen hinweisen müssen. Dies ist auch eine
 5 Geräten unter Traineranleitung einen soge-  Kenntnis der aktuellen körperlichen Verfassung   Frage der „Kultur“ des Trainingsbetriebes. Au-
 nannten Maximaltest vorgenommen. Auf dieser   für den Sportler beim Training nicht die richti-  ßerdem sollte sich in solchen Erklärungen z.B.
 Basis sollte das individuelle Trainingsprogramm   gen Entscheidungen treffen. Man müsse schon   eine Passage finden, dass man als Kampf-
 erstellt werden. Im Klageverfahren hat die Stu-  mal den sportlichen Ehrgeiz zurückstellen, weil   kunstschüler im Zweifel mit einem Arzt abklä-
 dionutzerin vorgetragen, sie habe aufgrund des   man sich sonst beim Sport dem Vorwurf   ren muss, ob die Kampfkunst unbedenklich
 Probetrainings und des folgenden Anschluss-  schuldhafter Selbstgefährdung aussetzt.  ausgeübt werden kann. Schließlich ist es auch
 trainings immer stärker werdende Muskelver-                    sinnvoll, in der Erklärung ausdrücklich aufzu-
 spannungen und Nervenschmerzen erlitten, die   Mehrfach haben Gerichte auch entschieden,   nehmen, dass der Schüler darauf hingewiesen
 bis in den rechten Arm und die Finger ausge-  dass man gerade beim Kampfsport auf seine   wurde, dass die jeweilige aktuelle Sportge-
 strahlt hätten. Sie verlangte von dem Studio   eigenen körperlichen Anlagen Rücksicht neh-  sundheit Voraussetzung für das Training ist.
 u.a. ein Schmerzensgeld von mindestens 2000   men muss. Wer z.B. anfällig ist für Knochen-
 Euro und rund 5.450 Euro, weil sie in der   brüche setzt sich beim Vollkontaktsystemen   Die Autoren haben eine Art „Musterformular für
 Krankheitszeit ihre Arbeiten im eigenen Haus-  selbstverschuldet besonderen Risiken aus und   Erklärungen zur Sportgesundheit“ erstellt. Es
 halt nicht machen konnte.  kann dann kaum andere dafür haftbar machen.   wurde vor dem Hintergrund praktischer Erfah-
          Nur wenn das Training und die Trainingsmetho-         rungen entwickelt. Das Formular gilt in abge-
 Das Sportstudio verwies darauf, die Maximal-  den als solches fehlerhaft waren, weil z.B. der   änderter Form auch für minderjährige Schüler;
 wenn ihm dies bekannt ist. Weiß ein Trainer   tests ordnungsgemäß durchgeführt zu haben.   Ausbildungsgrad eines Schülers bei der   dort müssen die Eltern in deren Vertretung un-
 um bestimmte Probleme – etwa einen früheren   Die Tests mit relativ kleinen Gewichten und das   Schwierigkeit und Gefährlichkeit einer Übung   terzeichnen. Mit einer solchen Erklärung zur
 Bandscheibenvorfall im Nackenbereich – wird   darauf beruhende Training seien nicht die Ursa-  nicht beachtet wurde oder auf eine dem Trainer
 er beispielsweise  bestimmte Fallübungen von   che der Beschwerden der Studionutzerin. Sie   bekannte Erkrankung vom Trainer vorwerfbar
 diesem Schüler nicht verlangen oder ihn auf   habe gesundheitliche Vorschäden gehabt, die   nicht Rücksicht genommen wurde, kann es bei
 spezielle Risiken bei einzelnen Übungen aus-  sie dem Studio nicht korrekt mitgeteilt habe.   Verletzungen und Erkrankungen des Schü-
 drücklich hinweisen. Dem Schüler können auch   Das Landgericht stellte fest, dass „der Traine-  lers zur Haftung des Trainers kommen.
 „leidensangepasste“ Übungen gezeigt werden.   rin der Beklagten keine Informationen vorla-
 Verschweigt ein Schüler erhebliche Erkrankun-  gen, aus denen sich für sie erkennbar ergab,   Immer wieder ist aber zu betonen,
 gen, die seine normale Sportgesundheit beein-  dass die Klägerin aus orthopädischer Sicht   dass ein Trainer, der bei einem
 trächtigen können, obwohl er danach gefragt   auch mit den geringen körperlichen Belastun-  Schüler erkennt (und erkennen
 wird, bewegt er sich im Bereich der Selbstge-  gen überfordert sein könnte. “Die Klägerin ha-  kann), dass dieser einen
 fährdung. Wer Kampfsport macht, tut dies frei-  be selbst ausdrücklich erklärt, sportgesund zu   schlechten körperlichen und ge-
 willig und auf eigenes Risiko. Kommt es später   sein. Bei Zugrundelegung dieser Umstände - so   sundheitlichen Zustand hat,
 infolge des normalen, schulmäßigen Trainings   das Landgericht habe die Trainerin keine Pflicht   den Schüler aus dem Training
 bei ihm wegen seiner verschwiegenen Vorschä-  gehabt, in besonderer Weise auf orthopädische   nehmen sollte oder diesem
 den oder aktuellen gesundheitlichen Probleme   Einschränkungen Rücksicht zu nehmen. Eine   nur ein eingeschränktes, an-
 zu einer Verletzung oder Gesundheitsschädi-  Veranlassung für einen Rat, von den Übungen   gepasstes Training erlauben
 gung, kann zur Abwehr einer Haftung auf die-  an den Geräten Abstand zu nehmen, habe es   darf. Alle Kampfkunstschüler
 ses persönliche Risiko des Schülers verwiesen   für die Trainerin nicht gegeben. Das Gericht   sind anzuleiten, aktuell den
 werden. Schließlich war er es, der dem Trainer   sah deshalb völlig zu Recht eine schuldhafte   Trainer vor dem Training über
 keine Möglichkeit gegeben hat, beim Training   Selbstgefährdung der Klägerin, weil sie dem   gesundheitliche Probleme und
 auf seine speziellen körperlichen Probleme   Studio verschwiegen hatte, dass sie immer   Einschränkungen zu informieren.
 durch Abschwächung der geforderten Trai-  wieder in der Vergangenheit wegen Rückenbe-
 ningsintensität einzugehen und durch gezielte   schwerden den Arzt aufgesucht hatte und sich   IV. Erklärungen über die
 Übungen möglichst auszugleichen. Kommt der   Krankengymnastik und Massagen verschreiben   Sportgesundheit
 Schüler dann bei normalem Training durch sei-  ließ. Wer so handle, habe es sich selber zu zu-
 nen schlechten Körperzustand zu Schaden,   schreiben, wenn sich Beschwerden aufgrund   Um die Haftungsrisiken für
 kann er nach der Rechtsprechung kein   von Krafttests wieder einstellten. Das Sportstu-  Kampfkunsttrainer, Vereine und
 Schmerzensgeld und keinen Schadensersatz   dio könne dafür nicht haftbar gemacht werden.   gewerbliche Kampfsportschulen zu
 verlangen.  Die Klage wurde vom Gericht abgewiesen. Das   verringern, ist es sinnvoll von Kampf-
 Gericht betont mit Recht die Selbstverantwor-  kunstschülern eine Erklärung über ihre
 tung von Sportlern. Auch der Bundesgerichts-  Sportgesundheit zu verlangen, wenn sie



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