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Gerhard E. Hermanski Dr. jur. Jörg-Michael Günther
8. Dan Hankido Hapkido, Juristischer Beirat der Bundesakademie
CEO der Bundesakademie koreanischer Kampfkünste
koreanischer Kampfkünste Autor und Dozent im Sport- und Strafrecht
Lehrtrainer für Sicherheits-, 1. Dan Hanguldo 2. Kup Hankido Hapkido
Von Dr. Jörg-Michael Günther und GM Gerhard E. Hermanski Personenschutz- und Justizausbildung
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onsschnelligkeit. Vom Kampfpart- über den erkennbaren Schmerz- Kampfkunstlehrer haben natürlich erlitt als er mit dem
ner verursachte blaue Flecke, punkt hinausgehen und immer ein besondere Sorgfaltspflichten, die Kopf voran auf die Trai-
Zerrungen, Schwellungen und Anklopfen strikt beachten. Ab- sich z.B. auch auf den ordnungs- ningsmatte stürzte. [4] Die
leichte Überdehnungen usw. kön- sprachen zu einer Übung müssen gemäßen Zustand von Trainings- Selbstverteidigungsübung sollte
nen durchaus einmal „normale“ eingehalten werden, ein Trainer gegenständen wie etwa Stöcken aufzeigen wie man sich aus ei- hatte beim geschädigten Judo-
TEIL eines intensiven Kampfkunsttrai- hinweisen und immer den Ausbil- ren Verschulden liegt regelmäßig Im Gerichtsverfahren hatte der on plötzlich die sog. „Große Au-
muss auf besondere Gefahren
erstrecken. Die Beweislast für de-
und akzeptierte Begleitumstände
Anfänger bei einer Demonstrati-
nem Schwitzkastengriff befreit.
nings sein. Es geht schließlich
dungsstand und die individuellen
Kampfkunstschüler geschildert,
ßensichel“ durchgeführt. Durch
beim Verletzten. In der Praxis
teilweise auch um eine „Abhär-
führt oft eine nicht erfolgte oder
wie ihn der Kampfkunstmeister (7. fehlende Kenntnisse des Studen-
Fähigkeiten der Beteiligten im
tung“. Da dadurch das Wohlbefin-
zum Unfall. Der Kampfkunstlehrer
den des Verletzten nur für kurze Blick haben. Juristisch von zen- missverständliche Erklärung und Dan Karate) vorgerufen und ohne ten von Falltechniken kam es
nähere Erklärung aufgefordert
traler Bedeutung ist der Aspekt
Trainingsanweisung dazu, dass
Zeit und nicht erheblich beein- der Einwilligung. Wer Kampfkunst eine Übung zur Verletzung führt. habe, den Arm um seinen Hals zu trug vor, er habe wegen des „sta-
trächtigt wird, wird die juristische betreibt, willigt in ein immer beste- Manchmal werden von Kampf- legen. Dann habe der Kampf- bilen Standes“ des Studenten ge-
Geringfügigkeitsgrenze schon hendes Verletzungsrisiko sein kunstlehrern auch mögliche Fehl- kunstlehrer ihn hochgeschleudert, glaubt, dieser habe
kaum erreicht. [1] Eine Haftung und kann nicht für jede Verlet- reaktionen eines Schülers und was im Endergebnis zur Quer- Judokenntnisse. Das Gericht ent-
des Trainers und des Kampfpart- zung jemanden haftbar machen. z.B. dessen mangelnde Fitness schnittslähmung führte. Das Ge- schied, ihm habe der Anfänger-
Kampfkunstlehrer haben bei der ners scheiden dann von vorne- Das normale Lebensrisiko bei der und Beweglichkeit oder sein (ge- richt urteilte mit Recht, dass der status klar sein müssen. Der
Technikvermittlung für ihre Schü- herein aus. Normale Ausübung von Kampfsport kann ringer) Ausbildungsstand nicht auf Schadensersatz und Schmer- Aspekt des Haftungsausschlus-
ler eine hohe Verantwortung. Als Kampfblessuren werden nach einem niemand abnehmen. Es hinreichend einkalkuliert. Die ju- zensgeld verklagte Kampfkunst- ses, wie er bei gleichgeordneten
Trainer sollte man sich auch in ju- dem Selbstverständnis der Betei- gibt insoweit einen relativ großen ristischen Grundsätze sollen an- lehrer seine Sorgfaltspflichten Kampfpartnern eingreifen könne,
ristischer Sicht dieser Verantwor- ligten beim Hapkido gelassen hin- Haftungsfreiraum, wenn alle sich hand von einigen Beispielsfällen verletzt hatte. Ohne Erklärungen komme im Verhältnis Kampf-
tung immer bewusst sein. genommen. Technische Fehler an die Regeln und Fairness- aus der Rechtsprechung erläutert die Übung durchzuführen und kunstlehrer-Kampfkunstschüler
Allerdings zählen Kampfkünste beim Ansetzen und Durchführen grundsätze gehalten haben und werden. Sie stammen aus ver- Fehlreaktionen seines Schülers nicht in Betracht [7]. Das Gericht
nicht zu den zahlenmäßig verlet- bestimmter Griff- und Wurftechni- unglücklicherweise ein schwer- wandten Zweikampfsportarten dessen plötzliche Drehbewegung verurteilte die den Kampfkunst-
zungsintensiven Sportarten. Klas- ken sind schließlich kaum ver- wiegenderer Sportunfall beim wie z.B. Judo, Jiu-Jitsu, Taekwon- – nicht einzukalkulieren, führe zur lehrer zur Haftung, da er leichtfer-
sische Budo-Disziplinen wie meidbar sind, so dass deren Hapkido eintritt[2]. In der Sprache do und Karate, da veröffentlichte Haftung. Der Kampfkunst-Sach- tig handelte und das
Hapkido, Karate oder Judo sind Vermeidung als solche nicht be- des höchsten deutschen Zivilge- Haftungsfälle aus dem Hapkido verständige hatte im Prozess das Fairnessprinzip verletzt habe.
im Verhältnis zu Fußball, Hand- reits zu den von den Kämpfern zu richts: Schädiger und Geschädig- nicht bekannt sind, was man als Fehlen von Sicherungsmaßnah- Dieser Fall zeigt anschaulich, wie
ball oder Tennis statistisch eher beachtenden Verkehrspflichten ter setzen sich bei der gutes Zeichen werten kann. Die men bemängelt, also z.B. die wichtig eine vernünftige Kommu-
ungefährlich. Allerdings kann es gehören. Es können aber leider in Kampfkunst in gleichem Maß ei- nachfolgenden Haftungsgrundsät- Wahl der Variante des gemeinsa- nikation zwischen Kampfkunstleh-
natürlich bei Fallübungen, Wür- seltenen Fällen auch schwere nem Risiko aus, welches sich nur ze aus anderen Budo-Bereichen men zu-Boden-gehens mit dem rer und Schüler ist. Im Zweifel ist
fen, Griff-und Würgetechniken, Sportunfälle zwischen Kampf- zufällig beim schließlich Geschä- sind aber juristisch ohne Ein- Schüler. Der Kampfkunstlehrer immer vom Kampfkunstlehrer bei
Schlägen und Tritten, die beim sportlern vorkommen. Unabhän- digten realisiert. Es wäre dann schränkung auf das Hapkido wurde zur Schmerzensgeldzah- Übungen mit hohem Verletzungs-
Hapkido zum Repertoire gehören, gig von der Schwere der unbillig, wenn der Schädiger haf- übertragbar. lung usw. verurteilt [5]. potential abzuklären, welchen
zu Sportverletzungen kommen. Verletzung geht die Rechtspre- ten müsste [3]. Solche Fälle sind In einem anderen Fall hatte ein Ausbildungsstand und körperli-
Ursachen sind oft Unachtsamkeit, chung davon aus, dass nicht ge- dann in der Praxis abzugrenzen In einem tragischen Fall des OLG Student bei einem „Kampfkunst- chen Zustand aktuell ein Schüler
nicht optimal ausführte Angriffs- haftet werden muss, wenn man von Fällen, wo eindeutig Sorg- Köln war es so, dass bei einer Schnuppertraining“ durch den hat.
und Verteidigungstechniken, nicht sich an die sportlichen Regeln faltspflichten durch einen Kampf- Wurftechnik eines Karatelehrers Kampfkunstlehrer einen Riss des
hinreichender Ausbildungsstand des Hapkido gehalten hat. Man kunstlehrer verletzt wurden. sein Schüler eine Fraktur des vorderen Kreuzbandes und eine Das Landgericht Karlsruhe hat
oder mangelnde Fitness/Reakti- darf also z.B. bei Hebeln nicht sechsten und siebten Halswirbels Meniskusverletzung erlitten. [6] Er wiederum die Besonderheiten be-
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