Ich stehe also in der Küche, kurz davor den Kaffeevollautomaten wieder einzuschalten, den ich in der Früh bereits abgeschaltet habe. „Ich trinke ja heute Vormittag eh keinen Kaffee mehr“. Und doch stehe ich wieder hier. Aber irgendwas ist anders. Ich halte für eine Sekunde inne. Irgendetwas passt nicht. Mein Zeigefinger schwebt ca. 20 Nanometer über dem Einschaltknopf und ist gefühlt nur noch so weit wie eine Synapse der anderen entfernt. Eigentlich springt das Dröhnen und Rödeln der Maschine doch hier eh schon an. Wir beide verstehen uns blind. Ich suche nach der Befriedigung des Kaffees und meine Maschine weiß genau was sie dafür zu tun hat.
Warum drücke ich den Knopf also nicht? Warum halte ich diesen Bruchteil einer Sekunde inne und mache mir nicht einen weiteren, nach Schokolade- und Kaffeebohnen duftenden, mit herrlicher Crema abgerundeten Kaffee?
Irgendetwas hält mich davon ab. Ich suche wandernden Blickes.
Tee. Da springt für einen Bruchteil einer Sekunde ein Funken in meinen Kopf. Tee. Der Verstand kommt hinzu und startet einen weiteren sinnsuchenden inneren Dialog: „Ich habe eh schon wieder das Gefühl übersäuert zu sein. Meinem Blutdruck würde die ausgelassene Koffeinspritze bestimmt auch nicht schaden“. Außerdem liebe ich Ginko-Tee. Und dieser wurde auch noch passenderweise „Klarer Geist“ getauft.
Klarer Geist.
Was bedeutet das?
Keine vernebelte Innenwahrnehmung.
Das ist es. Das ist was man nach meiner, nun schon ein Jahr anhaltenden Phase, des Suchens und Findens, braucht, um das Glück das eigene Leben erfüllen zu lassen.
Klare Innenwahrnehmung.
Aber es kommt noch besser, das Universum - oder wer auch immer - legt noch einen drauf: Ich merke wie ich mich jedes Mal, wenn ich mir meinen Lieblingstee aufbrühe, fast wie ein kleiner Junge voller Vorfreude die Teebeutelverpackung aufreiße, die Beutelschnur entwirre und mein Blick, fast wie als Kind der erste Blick auf den geschmückten Weihnachtsbaum, auf die kurze, meist zum Nachdenken anregende Weisheit auf der Rückseite des Etiketts fällt:
„Glücklich ist, wer nicht nach Glück sucht“.
Boah, das ist ein Brett. Echt jetzt? Ist das so? Das hatte ich irgendwie anders erwartet. Der Verstand fängt wieder an zu analysieren. Selbst hier. Selbst auf der Rückseite eines einfachen Tee-Etiketts, was doch eigentlich gar keine große Aufmerksamkeit bräuchte, suche ich.
Aber doch. Genau das. Genau das ist es, was den Unterschied macht. Nicht suchen; zulassen. Viel zu schnell ziehen doch einzelne Sinneseindrücke in einer vernichtenden Vielzahl unbemerkt an uns vorbei. Jeden Tag sehen, hören, schmecken und riechen wir so unzählig viele Dinge, die es überhaupt nicht ins Bewusstsein schaffen. Auf der einen Seite auch gut, damit dieser Overkill an Eindrücken uns nicht noch zusätzlich überfordert. Das schaffen wir ja meist bereits bestens selbst mit dem Blick aufs Handy. Dem checken, was der Typ, den ich vor 14 Jahren im Surf Camp kennengelernt und nie wieder gesehen habe, heute zum Frühstück gegessen hat. Ist das eigentlich wichtig? Und ich? Weiß ich eigentlich noch, was ich heute auf meinem zweiten Frühstücksbrot hatte? Puh, da wird’s schon fast eng.
Was heißt also nicht suchen? Nicht suchen heißt spüren. In uns hinein. Dieses Gefühl wahrnehmen, welches in uns aufpoppt, wenn wir mal wieder, wie auf der Verhaltensautobahn, den einstudierten Abläufen folge leisten. Dieses Gefühl zulassen. Diesem Gefühl einfach mal folgen. So wie früher. So wie bevor wir verlernt haben zu tun was uns selbst guttut. Auf uns zu hören, zu achten und zu vertrauen.
Das Glück kommt. Ganz von allein. Wir müssen nur lernen es wieder zuzulassen. Mit offenen Kanälen dem Leben begegnen und intensiv leben. Das Glück steckt schon in uns. In jedem von uns. Du musst nur lernen es wieder rauszulassen.
Hannes Hofmann (hh)